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Was ist eine Frühgeburt?

Beatmung beim Atemnotsyndrom (IRDS)

Wann spricht man von einer Frühgeburt?

Eine Schwangerschaft dauert normalerweise 40 Schwangerschaftswochen. Kommt das Neugeborene allerdings vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche zur Welt, spricht man von einer Frühgeburt. Von einer Mangelgeburt hingegen spricht man, wenn das Neugeborene untergewichtig / „mangelernährt“ geboren wird, obwohl es laut der fortgeschritten Schwangerschaftswoche ein theoretisch höheres Gewicht haben müsste. Frühgeburt und Mangelgeburt sind also nicht miteinander zu verwechseln.

Eine Frühgeburt gilt in der Regel ab der 22. – 24.  Schwangerschaftswoche als Überlebensfähig. Ab wann ein Frühchen medizinisch versorgt werden muss ist jedoch immernoch eine rechtliche Grauzone. In den AWMF-Leitlinien (2015) heißt es dazu:

Jedes Kind hat einen Anspruch auf eine Behandlung und Betreuung, die seinen individuellen Bedürfnissen angemessen sind, unabhängig von seinen Lebens- und Überlebensaussichten.(…) Bei der Behandlung extrem unreif geborener Kinder an der Grenze der Lebensfähigkeit kann durch intensivmedizinische Maßnahmen einem Teil der Kinder kurz- oder langfristig zum Überleben verholfen werden, unter Umständen aber unter Inkaufnahme erheblichen Leidens und lebenslanger körperlicher und geistiger Beeinträchtigungen. Diese einander widerstreitenden Aspekte müssen bei der Entscheidungsfindung bestmöglich abgewogen und ausgehalten werden.

Quelle: //www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/024-019.html

Ab wann wird ein Frühchen behandelt?

Letztendlich liegt diese Entscheidung im Ermessen des behandelnden Arztes respektive der Klinik. Es muss bei sehr frühen Frühgeburten abgewogen werden, inwiefern eine maximaltherapie ethisch und moralisch vertretbar ist. Aktuell gibt es diesbezüglich auch ein bereits seit 2011 laufendes Gerichtsverfahren. Im Jahr 2007 kam die kleine Charlotte in der 22. Schwangerschaftswoche zur Welt, 28 Zentimeter groß und 460 Gramm schwer. In der nun vor dem Landgericht Köln angeklagten Klinik war es üblich, Frühchen erst ab der 23. Schwangerschaftswoche zu behandeln. Im Fall von Charlotte erfolgte keine Therapie, sodass sie verstarb.

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Ein Artikel mit weiteren Einzelheiten (22.04.2015) dazu ist hier zu finden: Frühchen im Krankenhaus in Köln-Holweide unbehandelt gestorben

Ursachen

Die Ursachen für eine Frühgeburt sind sehr vielfältig. Eine Ursache, die eventuell in der Zukunft häufiger in Erscheinung treten wird, ist die zuvor durchgeführte künstliche Befruchtung bei Kinderwunschpaaren. Hier liegt es jedoch in der Regel nicht etwa an der assistierten Reproduktion selbst, sondern liegt vielmehr in der Tatsache begründet, dass das „Risiko“ , Mehrlinge auszutragen erhöht ist. Zudem liegt es in der Natur der Sache, dass bei Kinderwunschpaaren eventuell ein physisches Problem vorliegen kann, (Hormonell bedingt, Gendefekt, Fehlbildung der Gebärmutter o.ä.) aufgrund dessen es sich dann um eine Risikoschwangerschaft handelt.

 Weitere Ursachen können sein:

  • Diabetes Mellitus
  • Gestose / Präklampsie
  • aufsteigende Infektionen
  • Fehlbildung der Gebärmutter
  • Erkrankung / Behinderung des Ungeborenen
  • Vorzeitige, nicht therapierbare Wehen
  • fetalchirurgische Interventionen
  • Plazentainsuffizienz / Mangelernährung des Ungeborenen
  • Suchtproblem / Abusus der werdenden Mutter
  • Rhesus-Inkompatibilität
  • chronischer Stress
  • vorzeitiger Blasensprung

Droht eine Frühgeburt, so wird alles unternommen, dem Ungeborenen noch etwas Zeit zu verschaffen. Ziel ist es, dass das Ungeborene so lange wie möglich im Mutterbleib verbleiben kann. Je nach Ursache wird agiert; beispielsweise bekommt die Schwangere strenge Bettruhe verordnet und meist eine medikamentöse Therapie bei vorzeitigen Wehen. Weitere Informationen, was bei vorzeitigen Wehen hilfreich sein kann, finden sich hier:

Was tun, wenn eine Frühgeburt droht? Vorzeitigen Wehen.

Waren die Wehen bereits Muttermundswirksam oder besteht eine generelle Schwäche des Muttermunds, so kann eine sogenannte Cerclage (franz. für Umschlingung) gelegt werden. Die Cerclage wurde in Vollnarkose in einer OP gelegt. Ob diese Massnahme sinnvoll ist, ist nicht abschliessend geklärt. Noch in den 70er Jahren war es bei einer drohenden Frühgeburt, respektive einer Weitung des Muttermunds / Gebärmutterhalses Standard, eine Cerclage zu legen. Zeitweise galt sie dann als nahezu verpönt, da es keine haltbaren Nachweise gab, dass die Zahl der Frühgeburten dadurch verringert werden konnte.

Kritische Stimmen besagten, dass echte Wehen sich auch durch einen Verschluss des Muttermunds nicht aufhalten lassen. Heute ist man eher geneigt, ein sogenanntes „Cerclage-Pessar“ (Arabin-Pessar) zu legen. Hierbei handelt es sich um einen Ring aus weichem Gummi, der den Muttermund verschliessen soll. Dies kann ambulant und ohne Narkose geschehen. In jedem Fall ist der behandelnde Arzt verpflichtet, über alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten aufzuklären, damit man Nutzen und Risiko gegeneinander abwägen kann.

Komplikationen einer Frühgeburt

Kommt es trotz aller Interventionen zu einer Frühgeburt, ist die brennendste Frage aller Eltern natürlich „wie ist die Prognose“? Grundsätzlich kann man sagen, dass die Risiken für Folgeerkrankungen oder Behinderungen mit fortgeschrittener Schwangerschaftswoche eher sinken. Jedoch kann man dies nicht pauschalisieren. Es gibt sehr früh geborene Kinder, denen es später verhältnismäßig gut ging und es gibt „spätere Frühchen“, die beispielsweise aufgrund schwerer Hirnblutung eine Behinderung haben.

Mögliche Komplikationen bei Frühgeborenen sind:

Sekundäre Erkrankungen aufgrund des unreifen Immunsystems in Kombination mit dem notwendigen Aufenthalt auf einer Intensivstation:



Hygiene

Aus diesem Grunde ist die Hygiene bei dem Aufenthalt auf der Intensivstation nicht zu unterschätzen. Es ist verständlich, dass die Familie das Neugeborene standesgemäß begrüßen möchte, jedoch sollte man bedenken, dass 1 (in Worten ein) Mensch Billionen Keime mit sich herumträgt. Da gibt es natürlich gute und schlechte – aus diesem Blickwinkel ist es vielleicht einfacher nachzuvollziehen, warum eine Neonatologie strengere Regeln hat, was beispielsweise die Anzahl der Personen / Besucher auf der Intensivstation betrifft.

Desweiteren gibt es auch Regelungen, was die (Hände-)Desinfektion, das Pumpstillen / die Muttermilch und andere Dinge betrifft. Diese für die Familien vielleicht zunächst unangenehmen Erfahrungen machen allerdings durchaus Sinn, denn letztendlich kommt es den Frühchen zugute, die ohnehin schon einen schweren Start haben. Wirklich unangenehm würde es für die kleinsten werden, wenn sie sich zusätzlich noch mit multiresistenten Keimen infizieren.  Viele Hinweise gibt es dazu in folgendem Beitrag: Was erwartet mich auf der Intensivstation? Ein Rundgang Eine Frühgeburt ist also auch für die Eltern eine Belastungsprobe.

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